Schnee bei über null Grad? Na klar! 
NeveXN überzeugt Leitner und landet in Neuseeland 

 

Frischer und kompakter Kunstschnee, auch wenn das Thermometer zehn Grad anzeigt? Das ist längst keine WintersportlerInnen-Utopie mehr, sondern eine Erfindung von NeveXN. Das Start-up hat in der Polo Meccatronica in Rovereto eine Maschine entwickelt, die auch bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt, also zwischen null und 15 Grad Celsius, hochwertigen Schnee produzieren kann – sogar umweltfreundlich. Das ausgeklügelte System, das thermische Energie nutzt, um Schneeflocken zu erzeugen, wird nämlich mit erneuerbaren Energiequellen wie Holzabfällen oder Solarenergie betrieben.  

Alles begann mit einer Reise nach Kalifornien 

Gründer Francesco Besana, 38, ein in Bergamo geborener, aber durch Adoption aus Trient stammender Maschinenbauingenieur erklärt:  

„Die Idee kam mir in den Sinn, als ich in Bozen meinen Doktortitel in Energie- und Umwelttechnologien absolvierte. Ich musste oft Experimente zur Wasserkühlung mit Hilfe von Wärmequellen durchführen. Und eines Tages, als ich auf einer Studienreise in Kalifornien war, dachte ich, ich könnte die Grenze, die bis dahin bei sechs Grad Celsius lag, noch ein wenig weiter nach oben verschieben und Schnee statt kaltem Wasser erzeugen.“ 

Ohne Rücksicht auf die unterschiedlichen Zeitzonen rief Besana sofort zwei Freunde an, die 2012 Mitgründer von NeveXN wurden. Fabiano Maturi, ein Ingenieur, der bei der Seilbahngesellschaft von Pinzolo tätig war, und Anna Vanzo, Wirtschaftswissenschaftlerin und Autorin einer Dissertation über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Marcialonga, dem berühmten Skilanglaufrennen im Fleimstal. 

Das „Geheimnis“ liegt im Verdampfer 

Doch wie funktioniert die von NeveXN entwickelte Maschine? Schneekanonen sind heutzutage nichts anderes als leistungsstarke Zerstäuber, die winzige Wassertröpfchen in die Atmosphäre einspritzen, welche beim Herabfallen zu Flocken kristallisieren. Diese Flocken werden während der Annäherung an den Boden immer größer.

Je kälter die Lufttemperatur ist, desto schneereicher ist das Ergebnis. Bei Außentemperaturen über null Grad hingegen, schmilzt der Kunstschnee und wenn kein natürlicher Schnee gefallen ist, bleiben die Pisten geschlossen. Die Folge sind fehlende TouristInnen, welche die Trentiner Täler beleben. 

Um dieses Problem zu lösen, hat NeveXN eine Maschine patentiert, die mit einem „Verdampfer“-Tank ausgestattet ist, der die Bedingungen für das Wachstum von Schneekristallen nachbildet, um sie erst dann an die Atmosphäre abzugeben, wenn sie vollständig ausgebildet sind. Die Maschine arbeitet mit thermischer Energie und kann mit erneuerbarer Energie betrieben werden, die von Sonnenkollektoren und Biomassekesseln bezogen wird.  

So kann der Wasser- und Stromverbrauch, im Vergleich zu herkömmlichen Beschneiungsanlagen deutlich reduziert werden. Obwohl der Verdampfer hauptsächlich für umweltfreundlicheren Kunstschnee eingesetzt wird, kann er auch nützliche Anwendungen im Lebensmittel-, Medizin- und Baubereich finden, zum Beispiel für die Reinigung und das Entsalzen von Wasser ohne chemische Zusätze oder für die Erzeugung neuer Kühlflüssigkeiten. 

Vom D2T-Award zur Partnerschaft mit Leitner 

Das NeveXN-Konzept belegte 2011 beim D2T Start Cup, ein Wettbewerb von Trentino Sviluppo, der die besten Ideen junger UnternehmerInnen auszeichnet, den zweiten Platz. 2014 erschien der erste Prototyp, der in dem Olympiastadion für Skilanglauf am Lago di Tesero in Val di Fiemme erstmals getestet wurde. 

Nach einigen Jahren des Perfektionierens und Suchens nach möglichen Investoren, gewann das Start-up 2016 das Vertrauen der Südtiroler Leitner-Gruppe – mit 726 Millionen Umsatz und über 3.000 MitarbeiterInnen der Weltmarktführer im Seilbahnwesen. Das Unternehmen erwarb über ihre eigene Firma Demaclenko eine Beteiligung an NeveXN. Zudem investierte Leitner zwei Millionen Euro in die Industrialisierung, Produktion und Vermarktung drei verschiedener Modelle der „Snow4Ever“-Maschine mit einer Kapazität von einem, vier und acht Kubikmetern Schnee pro Stunde. 

Ein Erfolg für das Trentiner Start-up-Support-System 

2012 von den drei Gründungspartnern Francesco Besana, Fabiano Maturi und Anna Vanzo ins Leben gerufen und mit dem zweiten Platz beim D2T Start Cup Award ausgezeichnet, erhielt NeveXN 2013 einen Zuschuss in Höhe von 150.000 Euro von „Seed Money“. Das ist ein Projekt, das von der Europäischen Union mit EFRE-Mitteln kofinanziert wird und die innovativsten Unternehmensgründungen auszeichnet. 

2015 erhielt NeveXN von der Exekutiv-Agentur für kleine und mittlere Unternehmen der Europäischen Union (EASME) einen Zuschuss in Höhe von 50.000 Euro, dem 2016 die europäische Zertifizierung „Seal of Excellence“ folgte, die das herausragende Potenzial der Beschneiungsanlage für Temperaturen über dem Nullpunkt bescheinigte. Und 2016, wenige Tage nach der Vertragsunterzeichnung mit Leitner-Demaclenko, gab es eine weitere gute Nachricht: die Zusage von 1,5 Millionen Euro im Rahmen des EU-geförderten Programms Horizon 2020

Von Österreich bis Neuseeland: Snow4Ever-Fieber 

Die Rekordhitzewellen des Sommers 2018 konnten die acht IngenieurInnen, TechnikerInnen und VerwaltungsmitarbeiterInnen von NeveXN nicht bremsen. Unbeirrt arbeiteten sie an der Erfüllung von Aufträgen an den unterschiedlichsten Breitengraden: von Neuseeland bis nach Kärnten, über das Skigebiet Manzaneda in Spanien und den Stilfserjochpass in Italien.

Dort wurde Ende Juli ein Snow4Ever-Gerät auf den Pisten der SIFAS (Società Impianti Funiviari Allo Stelvio, die Seilbahngesellschaft des Stilfser Jochs) auf fast 3.000 Metern Höhe installiert.  

Das System lässt sich über eine App bequem aus der Ferne steuern und kann vollständig in das bereits bestehende Beschneiungssystem integriert werden. Das Ziel der Maschine, die 300 Kubikmeter Schnee pro Woche schießt, war und ist es, die (bisher schneefreie) Strecke zwischen Skilift und Seilbahn zu beschneien.

Auf diese Weise können Profis wie Sofia Goggia, Peter Fill und Christof Innerhofer, aber auch AmateurInnen und TouristInnen die Piste „unsicher machen“, ohne zwischendurch ihre Skier abschnallen zu müssen. 

 

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